Opiate in der Schmerztherapie

Opiate sind starke und sehr wirkungsvolle Schmerzmittel, die sich seit Jahrzehnten bei der Schmerzbehandlung bewährt haben. Haben Sie keine Angst, das Ihnen empfohlene Präparat einzunehmen. Ober Morphin und andere Substanzen aus dieser Gruppe werden viele Halb- und Unwahrheiten verbreitet, lassen Sie sich von diesen Geschichten nicht irritieren, sondern informieren Sie sich bei uns. Lesen Sie sich dieses Merkblatt in Ruhe durch; sollten anschließend Fragen offen sein, sprechen Sie uns bitte an !

Warum werden dieses Medikament verordnet ?

Wie Sie vielleicht aus eigener Erfahrung wissen, gibt es so starke Schmerzen, die Sie nicht mehr kontrollieren können. Anders ausgedrückt: Die Schmerzen haben ihre eigentliche Funktion, Ihren Körper vor Gefahren zu warnen, verloren. Oft haben übliche Schmerzmittel versagt. Morphin und andere sogenannte Opioide sind häufig die einzige Möglichkeit, den Teufelskreis zu durchbrechen. Ihr Leben wird leichter, Sie können wieder Kraft für wesentliche Dinge des Alltags schöpfen und nehmen wieder aktiv am Leben teil.

Was sind Opioide ?

Das bekannte Morphin wurde 1805 als Naturstoff aus dem Schlafmohn isoliert, der deutsche Chemiker Friedrich Sertürner nannte es Opium, später Morphium. Heute existieren mehrere chemisch verwandte Substanzen, die an die Bedürfnisse der modernen Medizin angepaßt wurden. Hierzu zählen mittelstarke Opiate wie z.B. Tramundin®, Tramal® oder Valoron® und die stärkeren Morphine mit einer verzögerter Wirkstoff-Freisetzung in sog. Retard-Tabletten (z.B. MST®, M-dolor®, Oxygesic® oder Temgesic®), ferner auch Opiate in Pflasterform (Durogesic® oder TransTec®). Ihr Arzt sucht für Sie das geeignete Opiat heraus, das die Anforderungen bei Ihrer Schmerzerkrankung am besten erfüllt. Im Laufe der Erkrankung kann dabei allerdings der Wechsel auf ein anderes Opiat notwendig werden.

Kennt unser Körper Opioide ?

Der menschliche Organismus ist mit Opioiden gut vertraut. Er verfügt selbst über bestimmte Eiweiße, die morphin-ähnlich und ebenfalls schmerzlindernd wirken. Mit Hilfe von z.B. Endorphinen reguliert das Gehirn, in welchem Umfang Schmerz registriert wird; akute Schmerzen können hierdurch schnell gedämpft werden. Bei besonders starken oder chronischen Schmerzen sind diese körpereigenen Opioide bald erschöpft. In solchen Fällen müssen neben ergänzenden Behand­lungsverfahren ggf. auch diese starken Schmerzmittel von außen zugeführt werden.

Was bewirken Opioide ?

Opioide hemmen die Schmerzempfindung hauptsächlich in Gehirn und Rückenmark und heben die Schmerzschwelle an, ohne daß andere Sinneswahrnehmungen wie Temperatursinn oder Berührungsempfindlichkeit beeinträchtigt werden. Wenn Sie sich schneiden oder auf eine Herdplatte fassen, spüren Sie den Schmerz auch dann, wenn Sie Morphin eingenommen haben ! Morphine hemmen bestimmte Schmerzübertraqunqen gezielt und lassen andere Informationen ungehindert an das zentrale Nervensystem durch.

Macht Morphin süchtig ?

Hier muß man klar NEIN sagen ! Sie erhalten von uns nur Morphin oder andere Opioide in festgelegter Dosis und zu fest­gesetzten Uhrzeiten ausschließlich zur Linderung ihrer Schmerzen. Zu einer Sucht kommt es nur bei einem Mißbrauch, wenn Morphin ohne ärztliche Kontrolle, unregelmäßig oder in zu hohen bzw. wechselnden Dosen eingenommen würde! Auch ein Diabetiker, der regelmäßig sein Insulin spritzen muß, ist nicht süchtig nach seinem „Stoff, obwohl er das Medikament zu den bestimmten Zeiten benötigt und sonst erhebliche Nebenwirkungen in Kauf nehmen müßte; schwere Folgeschäden wären zu erwarten.

Selbstverständlich dürfen diese Schmerzmittel (dies gilt grundsätzlich für alle Arzneimittel !) niemals an andere Menschen weitergegeben werden, auch nicht an andere Schmerzpatienten; diese sollten sich in jedem Fall zur therapeutischen Einstellung bei einem Arzt vorstellen.

Macht Morphin high" ?

Anders als das gespritzte Morphin bewirken sog. Retard-Präparate keine euphorisierende Wirkung. Durch die besondere Zubereitung wird erreicht, daß der Wirkstoff aus dem Arzneimittel verzögert freigesetzt wird. Die Wirkstoff-Freigabe läßt sich außerdem so steuern, daß das Morphin gleichmäßig abgegeben wird. Für Sie ergibt sich daraus der Nutzen einer gleichmäßigen Schmerzlinderung über 8 - 24 Stunden (bei Pflastern bis zu 3 Tagen). Da die volle Wirksamkeit mit gerin­geren Nebenwirkungen und weniger durchbrechenden Schmerzen erreicht wird, ist meist auch nächtliches Durchschlafen gewährleistet.

Zu Beginn der Behandlung oder bei Dosiserhöhung kann es vorkommen, daß Sie sich ein wenig benommen fühlen, gewisse Müdigkeit oder Schwindel können auftreten. Dieses Gefühl verschwindet aber nach wenigen Tagen wieder.

Ein ,high"-Sein oder ein Rausch-ähnlicher Zustand (wie bei den Suchtmitteln Heroin oder Codein) tritt aber bei den von uns: verordneten Präparaten nicht auf!

Wann k
önnen Entzugserscheinungen auftreten ?

Entzugserscheinungen treten  nur bei  plötzlicher Verringerung der Morphindosis auf.  Erste Zeichen  sind  Unruhe, Nasenlaufen, aber auch Bauchschmerzen oder grippe-ähnliche Zeichen. Rufen Sie uns in solchen Fällen direkt an. Beachten Sie auch bei Krankenhausaufenthalten die regelmäßige Einnahme und führen Sie stets Ihre Medikamente auf Ausflügen oder Reisen mit! Sie sollten stets eine „eiserne Reserve" bei sich tragen - wie der Diabetiker sein Zuckerstück.

Wenn ich schon Opiate einnehme, wirken die dann auch noch bei schwersten Schmerzen ?

Das ist der Vorteil insbesondere von Morphin-Präparaten. Viele Menschen kommen mit einer konstanten Dosis über einen langen Zeitraum hin. Falls aber Ihre Schmerzen dennoch zunehmen, werden wir die Dosis entsprechend erhöhen oder Sie werden - falls erforderlich - auf ein stärkeres Opiat eingestellt. Morphin zeigt auch bei Dosissteigerungen immer noch eine Wirkungssteigerung, ohne das die Nebenwirkungen überhand nehmen.

Warum soll ich Morphin auch einnehmen, wenn meine Schmerzen erträglich sind ?

Eine wichtige Vorraussetzung für eine gleichmäßig gute Schmerzlinderung ist, daß die Medikamente immer regelmäßig zu einem festen Zeitpunkt und nicht (!) nach Bedarf eingenommen werden. Die Dosis und das Dosisintervall werden wir mit Ihnen absprechen. Nur durch diese regelmäßige Einnahme bleibt der Schmerz erträglich !

Durch Absetzen oder Senkung der Morphindosis können durchaus wieder erhebliche Schmerzen auftreten; dies sollte daher immer nur in Absprache mit uns erfolgen. Niemals dürfen Sie Morphinpräparate abrupt absetzen, da es sonst zu Entzugserscheinungen kommt. Grundsätzlich ist das langsame, arzt-begleitete Absetzen möglich und hat keine spätere »Abhängigkeit" zur Folge!

Sollten meine Angehörigen und Freunde wissen, daß ich Morphin einnehme ?

Es ist keine Schande Morphin einzunehmen ! Es spricht also nichts dagegen, dies anderen Menschen mitzuteilen. So könnten andere auch erfahren, daß es diesen Weg der Schmerzlinderung gibt...!

Es ist ratsam, daß zumindest Personen ihres Vertrauens (in der Familie, im Freundeskreis, am Arbeitsplatz) zu informieren, falls Sie in eine Notsituation kommen und auf Hilfe angewiesen sind. Zudem können wir Ihnen einen Ausweis ausstellen, in dem das Opioid, Begleitmedikamente und die jeweilige Dosis genau beschrieben sind. Dies hilft auch den weiterbehandelnden Ärzten bei Krankenhausaufenthalten oder nach einem Unfall.

Welche Nebenwirkungen gibt es ?

Eine häufige Nebenwirkung in den ersten Tagen ist das Gefühl der Benommenheit, ein Schwindelgefühl oder allgemeine Müdigkeit; Beschwerden, die allerdings nach wenigen Tagen wieder zurückgehen.

Ebenfalls in den ersten Tagen kann eine z.T. stärkere Übelkeit auftreten. Wir werden Ihnen dann für einige Wochen ein entsprechendes Begleitmedikament (Antiemetikum) verschreiben, das starke Übelkeit oder Brechreiz unterdrückt. Meist gibt sich die Übelkeit nach wenigen Wochen von allein. Gelegentlich tritt Mundtrockenheit ein, die sich aber meist durch ausreichende Mundpflege, häufiges Trinken oder das Nutzen von Kaugummis oder Bonbons bessern läßt. Eine typische Nebenwirkung ist die Verstopfung (Obstipation). Viele Patienten leiden unter dieser Begleiterscheinung im Laufe der Behandlung; wichtig ist deshalb eine frühzeitige Stuhlregulierung. In erster Linie empfiehlt sich eine ballast­stoffreiche Ernährung und viel Flüssigkeit. Auch Pflaumen oder Buttermilch und - soweit möglich - Bewegung wirken hier gut. Sollte eine diätetische Maßnahme nicht helfen, so können Abführmittel (Laxantien) in Kombination mit magnesium-reichen Mineralwässern eingesetzt werden.

Um Nebenwirkungen zu verringern, verordnen wir Ihnen individuell Begleitmedikamente (ggf. auch zusätzliche Schmerz­mittel) damit hierdurch die Morphindosis und entsprechende Nebenwirkungen gering gehalten werden.

Schädige ich meinen Körper durch  langdauernde Morphineinnahmen ?

Im Gegensatz zu manchen anderen Medikamenten haben Opiate keinen schädigenden Einfluß auf innere Organe. Auch bei langdauernder Einnahme sind keine Spätschäden zu erwarten. Andererseits, kann das „Aushalten" starker Schmerzen zu einer Verschlechterung Ihrer Schmerzerkrankung und des Allgemeinzustandes führen I

Ist Autofahren unter Morphin möglich ?

Diese Frage klären wir mit Ihnen im Einzelgespräch; eine pauschale Fahrerlaubnis kann nicht gegeben werden. Etwa vier Wochen nach Einstellung oder Dosissteigerung sind die meisten Patienten eingeschränkt fahrtüchtig. Nach entsprechender Untersuchung erhalten Sie von uns ein Schreiben mit, das Sie ggf. den entsprechenden Ordnungskräften vorlegen können. Größere juristische Sicherheit gibt ein verkehrsmedizinisches Gutachten, bei dem die Fahrtauglichkeit von entsprechend qualifizierten Ärzten gemacht geprüft wird.

Kann ich mit Morphin verreisen ?

In Deutschland können Sie sich uneingeschränkt mit „Ihrem" Opioid bewegen. Auslandsaufenthalte besprechen Sie bitte vorher rechtzeitig mit uns. In Ländern die sich dem sog. Schengener Abkommen angeschlossen haben ist das Mitführen und Einnehmen von medizinischen Betäubungsmitteln erlaubt. Sie erhalten von uns eine ärztliche Bescheinigung, die Sie allerdings beim örtlichen Gesundheitsamt bestätigen lassen müssen. Vor Reisen in Länder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Abkommens muß eine Genehmigung der jeweiligen Botschaft eingeholt werden (Sehr wichtig !)!

Was kann ich sonst noch tun, um meine Schmerzen zu lindern ?

Häufig sind Opiate zwar die Grundlage einer Schmerzbehandlung, jedoch gehört meist mehr zu einem optimalen Be­handlungskonzept. So werden zusätzliche Schmerzmittel bzw. Begleitmedikamente eingesetzt, um damit die Morphindosis zu reduzieren, die Therapie verträglicher zu gestalten und so letztlich Ihr Wohlbefinden zu steigern.

Entspannungstechniken helfen Anspannungen und Ängste zu erleichtern. Naturheilverfahren und die allgemeine Kräftigung des Immunsystems sind für die Schmerzlinderung von großem Wert.

Zum Abschluß : Was wünschen wir uns - Was erwarten wir?

Sie erhalten von uns ein potentes Schmerzmittel. Im Gegenzug erwarten wir dafür eine regelmäßige Einnahme der verordneten Opioide und der besprochenen Begleitmedikamente, jeweils zur entsprechenden Zeit. Sie sollen uns sagen, was Sie bedrückt und Fragen stellen, die Sie bewegen. Eine gute Kooperation ist unbedingt notwendig.

 

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