Nerven- und Phantomschmerzen - Wenn Nerven nerven ...

Erst unser Nervensystem macht uns zu dem, was wir sind: Wir denken, fühlen, bewegen uns und unser Nervensystem vermittelt uns in Bruchteilen einer Sekunde, wo wir uns im Raum bewegen oder wie tief wir atmen. Dafür haben wir ein zentrales Nervensystem (ZNS = Gehirn und Rückenmark), das viele Vorgänge bewußt steuert, ein peripheres Nervensystem (Nervenbahnen / Hautnerven), welches die Befehle des Gehirns ausführt und das vegetative Nervensystem, das nicht mit dem Willen beeinflusst werden kann und darüber hinaus alle lebenswichtigen Prozesse steuert, - aber auch chronische Schmerzen fördern kann.

Das alle diese Strukturen korrekt miteinander arbeiten ist für uns eigentlich selbstverständlich. Würden wir Unser Gehirn vom restlichen Nervensystem trennen, so könnte der Körper noch eigenständig leben. Atmung und Darm, Herz und Nieren würden funktionieren, obwohl die Unterstützung des Gehirns fehlt. Schwere Unfälle (Querschnittslähmungen) oder Gehirn-Krankheiten (z.B. Durchblutungsstörungen wie bei Schlag­anfällen) können zu solchen Situationen führen; in der Folge können Schmerzerkrankungen entstehen.

Werden nach einer Amputation des Unterschenkels Nervenbahnen durchtrennt, so kann es sein, dass die Zehen weiter zu spüren sind, obwohl es den Fuß gar nicht mehr gibt. Grundsätzlich ist eine solche Sensation auch bei versehentlicher Durchtrennung von kleinen Nerven z.B. bei einer Blinddarmentzündung möglich. Die Nervenstümpfe „feuern", obwohl es eigentlich keinen Grund gibt etwas zu melden: Ein Nervenschmerz entsteht, man nennt dies auch Neuralgie, - auch banale Reizungen können hierzu führen. Bei großen Nervenstümpfen spricht man von Phantomschmerzen. Oft kann es bei Verletzungen zu einer sekundären Oberreizung des vegetativen Nervensystems kommen; Mediziner nennen dies dann eine Sympathicus-störung oder auch Sudeck-Erkrankung. Häufig findet man diese Störung einige Wochen nach (!) Hand­operationen oder Knochenbrüchen; eine frühzeitige Behandlung ist dann für einen günstigen Verlauf wichtig.

Auch Virusinfekte können solche Neuralgien hervorrufen, typische Vertreter sind Herpes-Viren, die gerade bei geschwächter Abwehrlage einen Herpers zoster (Gürtelrose) am Körper oder im Gesicht auslösen können. Dieser Zoster imponiert durch Bläschenbildung, Rötung und brennende Schmerzen. Wobei neben schmerztherapeutischen Maßnahmen die Viren medikamentös bekämpft werden müssen. Brennschmerzen und teilweise Berührungsempfindlichkeit (Der Patient verträgt keine Wäsche auf der betroffenen Stelle) sind besondere Kriterien für Nervenschmerzen.

Bei der Trigeminusneuralgie wird ein Ast dieses Hirnnerven durch zu hohe Muskelspannung oder durch Druck (z.B. durch eine Gehimschlagader) oft blitzartig getroffen und führt zu extrem starken Schmerz­anfällen im Gesicht, die im Sekundentakt wiederkehren können. Dumpfe, über längere Zeit anhaltende Gesichtsschmerzen sind meist keine typischen Nervenschmerzen, sie rühren oft von Fehlspannungen der Gesichtsmuskulatur her, können aber ebenso ausstrahlen wie Zahnschmerzen und strahlen über den gesamten Kiefer aus, was die Lokalisation des eigentlichen Herdes erschweren kann.

Die Unterscheidung zwischen den einzelnen Neuralgien erfolgt durch eine ausführliche Krankengeschichte, ein Anfall-Tagebuch und die klinische Untersuchung. Neurologische Messungen bestätigen z.B. eine verringerte Nervenleitgeschwindigkeit, d.h. wie schnell ein Nerv Impulse an das Gehirn schickt oder wie gut ein Muskel auf Nervenreize reagiert. Meist wird eine organische Ursache mittels Computertomographie (CT), EEG (Hirnstromkurve) oder Kernspintomographie (MRT) ausgeschlossen.

Seelische Belastungssituationen können Nervenschmerzen bahnen oder aufrechterhalten. Insbesondere bei wiederkehrenden Überhastungssituationen (Stresserleben, Ängste, Überforderung oder Unzufriedenheit am Arbeitsplatz oder in der Familie) ist auch das Nervensystem überlastet und reagiert mit regionalen Durchblutungsstörungen der Nerven. Schwindel oder Ohrgeräusche (Tinnitus) haben ähnlich intensiven Charakter und basieren meist auf einer schlechten Durchblutung im Bereich des Ohres. Eine Sonderstellung nimmt die sog. Polyneuropathie ein, wobei kleinste Hautnerven aufgrund andauernder Mangeldurchblutung absterben; häufig findet man diese Erkrankung u.a. bei Diabetikern oder bei dauernder Cortisoneinnahme.

Gerade die Neuraltherapie spielt eine herausragende Rolle bei der Harmonisierung überreizter Nervenfasern. Spezielle, meist schmerzlose Injektionen an Nervengeflechte - sog. Sympathicusblockaden - helfen die Spannung zu senken und Beschwerden im vegetativen Nervensystem zu lindern, zusätzlich kann eine Verselbständigung der Schmerzkrankheit (eine sog. Chronifizierung) gebremst werden.

Ziel einer Neuralgie-Behandlung ist eine Normalisierung der Nervenimpulse. Stress- oder Triggerfaktoren sollten reduziert werden. Der eigene Leistungsanspruch sollte gesenkt werden.

Herr Hammer kann Sie informieren und wird Ihnen ein entsprechendes Konzept anbieten.


Nervenschmerzen  -  Welche  Therapieansätze sind sinnvoll?

Fühlen Sie sich bitte nicht von der Fülle an Behandlungsmöglichkeiten „erschlagen"; nicht alle Verfahren sind für Sie geeignet: Ein erfahrener Schmerztherapeut sollte mit Ihnen zusammen einen Therapieplan festlegen. Verschaffen Sie sich einfach einen Überblick über die therapeutischen Möglichkeiten bei Nervenschmerzen; die einzelnen Behandlungen sind kurz erläutert.

Entspannungstherapien = Progressive Muskel­relaxation nach Jacobson oder Autogenes Training können helfen Alltagssorgen zu verarbeiten. Pro­bleme führen unbewußt zu einer Verkrampfung des gesamten Körpers und Anspannungen im Nervensystem. Entspannungstechniken vermögen sie zu lösen und nachhaltig zu beeinflussen.

Ordnungstherapie = Ordnen der Lebensgewohn­heiten bringt dem Körper einen entspannteren Tagesablauf. Unregelmäßigkeiten im Alltag schaden und bescheren uns Menschen stets zusätzliche Belastungen.

Darmsanierung = Ernährungsumstellung, um saure Stoffwechselprodukte zu verringern und Ge­webe zu entsäuern. Die Entgiftungsfunktion des Darms wird durch Gabe von normalen Darmkei­men gestärkt und eine Überbesiedelung mit poten­tiell krankheitsfördernden Bakterien im Darm verhindert.

Blockade des sympathischen Grenzstranges =
Nervengeflechte des vegetativen Nervensystems entlang der Wirbelsäule. Eine örtliche Betäubung führt zu einer Steigerung der Durchblutung im versorgten Bereich, gerade bei  Überreizungen im Trigeminusbereich.

Guanethidin-Blockaden können bei Nerven­schmerzen in Armen oder Beinen eine regionale Schmerz-Blockade auch auf dem Blutweg bewirken.

Blockade des Ganglion sphenopalatinum =
Nervengeflecht der Schädelbasis, das einen wesentlichen Anteil an der Durchblutung und Regulation der Kopf-Gesichtspartie sowie der Nasennebenhöhlen hat. Eine örtliche Betäubung an diese Strukturen verbessert die Durchblutung und fördert die Schmerzlinderung gerade bei Kiefer-, Trigeminus- und Zostererkrankungen.

Capsaicin = Aufbringen eines Extraktes der spezieller Paprikaschoten (auch im ABC-Pflaster) führt über einen Reizmechanismus zur Hemmung schmerzleitender Nervenfasern.

Therapeutische Lokalanästhesien oder Neuraltherapie = lokale Spritzen zur örtlichen Betäubung an schmerzhafte Nervenendigungen durchbrechen vegetative Blockaden u. lokale Verkrampfungen. Bekannt ist heute auch, dass eine örtliche Betäubung vor einer Operation das Risiko z.B. eines Phantomschmerzes verringert!

Lidocain-Infusionen (Endoneuraltherapie) = Tropf­lösung eines Mittels zur örtlichen Betäubung, um über den Blutweg eine Entspannung der Muskulatur, ein Bremsen des vegetativen Nervensystems und eine bessere Durchblutung zu erreichen. Die Gabe dieses Wirkstoffs in die Schlagader des betroffenen Gewebes kann diese Wirkung noch verstärken.

Störfeldtherapie = Einspritzen von Mitteln zur örtlichen Betäubung (meist Procain) an Strukturen, die in Reflexkreise des Körpers eingebunden sind, um Erkrankungen außerhalb des betroffenen Bereichs zur Regulation zu bewegen.

Medikamentöse Therapie = Behandlung mit sog. Antidepressiva und Antiepileptika, die zusätzlich zur eigentlichen Wirkung einen nachgewiesenen, schmerzlindernden Aspekt haben. Opiate können ergänzt werden und stärkste Schmerzen lindern.

TENS = Reizstrombehandlung mittels handlichem Stimulationsgerät, die daheim selbst angewendet werden kann. Durch elektrische Ströme über Hautelektroden wird die Muskulatur gelockert, schmerzleitende Nervenimpulse gebremst und die Durchblutung lokal gefördert. Bei guten Ergebnissen kann ein ähnliches Gerät auch implantiert werden.

Seitenanfang  impressum

Sprechzeiten:

Mo-Fr 8-12
Mo,Di,Do 13-18

Telefon 02371.788309